31.03.2021 11:01
von Petra Basler
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Minderjährige und Schwangere vor den Folgen des Passivrauchens in Autos schützen

Die SPD auf Bundesebene bringt die erfolgreichen Initiative der SPD-Landtagsfraktionen aus Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein für ein Rauchverbot bei Autofahrten mit Minderjährigen und Schwangeren zu einem positiven Abschluss und setzt den vom Bundesrat einstimmig beschlossenen Gesetzentwurf aus dem Jahr 2019 um. Die Forderung wird Teil des SPD-Wahlprogramms. Parallel sollen die Bemühungen intensiviert werden, noch in dieser Legislaturperiode eine Verständigung mit den Unionsparteien für einen verbesserten Kinderschutz vor Passivrauch umzusetzen.

Begründung:

Nach Messungen des Deutschen Krebsforschungszentrums (dkfz) liegt die Schadstoffkonzentration in einem verrauchten Auto fünf Mal so hoch wie in einer durchschnittlich verrauchten Bar. Das dkfz schätzt, dass rund eine Million Minderjährige in Deutschland Tabakrauch im Auto ausgesetzt sind. Vor diesem Hintergrund hat sich nicht nur die Bundesärztekammer, sondern auch der Bundesrat für ein Rauchverbot ausgesprochen, wenn Minderjährige mit im Fahrzeug sind. Ausgangspunkt waren parlamentarische Initiativen der SPD-Landtagsfraktionen in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein. Es ist gelungen, in den Parlamenten einen parteiübergreifenden Konsens zu dem Thema herzustellen. Einstimmig forderte der Landtag von Nordrhein-Westfalen die Landesregierung auf, einen Gesetzentwurf in die Länderkammer einzubringen. Dies ist im Herbst 2019 erfolgt und die Länderkammer hat positiv votiert. Im Bundestag ist ein entsprechendes Gesetz aber bislang nicht verabschiedet worden.

Das ist umso bedauerlicher, da Passivrauchen besonders Kinder betrifft, da sie u.a. eine höhere Atemfrequenz aufweisen und sich die Lungen bis zum 20. Lebensjahr noch entwickeln. Darüber hinaus ist ihr Entgiftungssystem nicht in dem Maße ausgereift wie dies bei Erwachsenen der Fall ist. Nach Untersuchungen des Deutschen Krebsforschungszentrums (dkfz) werden bei Kindern eine ganze Reihe von gesundheitlichen Folgen beobachtet. Minderjährige, die wiederholt Tabakrauch ausgesetzt sind, erleiden massive Gesundheitsschäden: Hierzu gehören die Schädigung der sich entwickelnden Lunge, Atemwegsbeschwerden und Atemwegserkrankungen, beeinträchtigte Lungenfunktion und Mittelohrentzündungen, Verschlimmerung einer bereits vorhandenen Asthma-Erkrankung oder auch eine Erhöhung des Blutdrucks. Außerdem erhöht Passivrauchen das Krebsrisiko. So erkranken Minderjährige, deren Eltern rauchen, beispielsweise häufiger an Tumoren oder Leukämie. Gravierend können die Folgen des Passivrauchens insbesondere für Säuglinge sein, da deren Risiko eines plötzlichen Kindstods steigt. Im ersten Lebensjahr ist Passivrauchen einer der Hauptrisikofaktoren für plötzlichen Kindstod. Weltweit sterben jährlich 166.000 Kinder an den Folgen des Passivrauchens. Gerade in geschlossenen Räumen sind Minderjährige dem Passivrauchen verstärkt ausgesetzt. Dies gilt insbesondere in Fahrzeugkabinen: Die Passivrauchkonzentration ist für Minderjährige nirgends so hoch wie als Beifahrer. Die Konzentration krebserregender Stoffe steigt trotz ggf. geöffnetem Fenster auf das über 200-fache an.

Gemäß der „Deutschen Befragung zum Rauchverhalten“ (DEBRA-Studie) befürworten 71 Prozent der Deutschen ein Rauchverbot im Auto. Selbst 67 Prozent der befragten Raucherinnen und Raucher plädieren dafür, Rauchen im Auto zu verbieten und entsprechend zu sanktionieren, sofern Minderjährige mit im Fahrzeug sitzen. Nur 14 Prozent sind dagegen. Im Gesundheitsmonitor 2014 sprachen sich sogar 87 Prozent für ein Rauchverbot in Autos aus, in denen Kinder und Jugendliche mitfahren. Unter den Raucherinnen und Rauchern lag die Zustimmung immerhin noch bei 78 Prozent. Staaten wie u.a. Großbritannien, Italien, Griechenland, Frankreich, Zypern, Südafrika, Australien und erst kürzlich Österreich haben bereits Rauchverbote in Autos eingeführt, wenn Minderjährige Beifahrer sind. Auch in den USA und in Kanada bestehen in weiten Teilen solche Verbote. Gerade in Kanada konnte ein deutlich positiver Effekt nachgewiesen werden: In jenen Provinzen mit Rauchverbot, ist die Zahl der Raucher im Auto deutlich zurückgegangen. Eine Ausarbeitung des wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestags über die verfassungsrechtliche Zulässigkeit eines Rauchverbotes in Autos bei Anwesenheit von Minderjährigen hat zudem dargelegt, dass eine solche Regelung in Deutschland formell als auch materiell verfassungskonform wäre. Die Verhältnismäßigkeit eines solchen Verbots ist unstreitig. Zu diesem Ergebnis sind auch die Sachverständigen im Rahmen einer durchgeführten Anhörung des Ausschusses für Familie, Kinder und Jugend sowie des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales im Landtag von Nordrhein-Westfalen gelangt. Die 91. Gesundheitsministerkonferenz (GMK) hat festgestellt, dass Minderjährige und Schwangere gegenüber den Folgen des Passivrauchens besonders schutzbedürftig sind. Die GMK hält daher ein bundesweites Rauchverbot in Kraftfahrzeugen mit Minderjährigen und Schwangeren für erforderlich.

Dieser Argumentation hat sich nicht nur der Landtag Nordrhein-Westfalen mit Stimmen von SPD, CDU, Grünen und FDP angeschlossen, sondern auch der Bundesrat. Es kommt nun darauf an, auch im Bundestag die erforderlichen Mehrheiten herzustellen. Wenn dies in der derzeitigen Regierungskoalition nicht möglich ist, sollte die SPD dazu einen neuen Anlauf in der kommenden Legislaturperiode starten. Der Schutz von Kindern und Schwangeren ist die Mühe wert.

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